Der traditionell von der DGA-Bau seit 2015 jährlich in Berlin ausgerichtete Kongress wurde in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit dem VdBauImm veranstaltet. Dies führte erwartungsgemäß zu über 150 Teilnehmern, die großes Interesse an der Vorgehensweise und an Beispielen der außergerichtlichen Streitbeilegung in der Bau- und Immobilienwirtschaft zeigten.
Der Kongress wurde moderiert von den beiden Vorstandsvorsitzenden der DGA-Bau, Prof. Dr.-Ing. Claus Jürgen Diederichs, und des VdBauImm, Prof. Dr. Ing. Shervin Haghsheno.
Prof. Haghsheno stellte einleitend die wesentlichen Ergebnisse des von der DGA-Bau an das KIT Karlsruher Institut für Technologie in Auftrag gegebenen Forschungsvorhabens vor „Ursachen der Bevorzugung von Gerichtsverfahren gegenüber der außergerichtlichen Streitbeilegung durch die Streitparteien im Bauwesen“. Ursachen sind vorrangig fehlende Kenntnisse und Erfahrungen der Konfliktparteien mit ADR-Verfahren, fehlende Kompetenzen und Kultur für den Umgang mit Konflikten, systemische Widerstände aus der Organisation der Konfliktparteien sowie das Verhalten und die Einbindung externer Rechtsberater.
Prof. Diederichs berichtete dazu, dass das Argument fehlender Kenntnisse künftig nicht mehr gelten könne, da ergänzend zu vorhandenen Informationen rechtzeitig zum Kongress die AHO-Schrift Nr. 37 „Konfliktmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ erschienen sei, ein Kompendium mit den verschiedenen Verfahren der Konfliktprävention und der außerge-richtlichen Streitbeilegung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Projektabwicklung von Bauvorhaben und deren Nutzung.
Über die vielfältigen Probleme bei der Anwendung des neuen Bauvertrags-, Architekten- und Ingenieurrechts, insbesondere gemäß § 650a bis § 650v BGB mit seinen Änderungs- und Vergütungsvorschriften sowie der einstweilen Verfügung, auch in Anbetracht der weiterhin gültigen VOB/B 2016, berichteten die Rechtsanwälte Dr. C. F. Fischer, Kanzlei Arnecke Sibeth aus München, und Prof. Dr. M. Jung, Kapellmann und Partner aus Berlin. Der viel Beifall auslösende Dialog eines potentiellen Streitgesprächs zwischen einem Bauunternehmer und einem Auftraggeber bestätigte den Eindruck, dass vor allem auf Baujuristen und Bausachverständige viel Arbeit zukommen wird.
Zu den traditionellen Fallbeispielen außergerichtlicher Streitbeilegung referierten beim 8. Kongress Dipl.-Ing. C. Dworski M. Eng., Prokurist Jost Hurler Development GmbH aus München mit „Streitprävention beim Schwabinger Tor in München durch baubegleitendes Adjudikatorengremium“, Dipl.-Ing. F. Bötzkes, Baubetriebliches Ingenieurbüro Bötzkes aus Braunschweig mit „Schiedsgutachten bei einem innerstädtischen Straßenbauprojekt“ und Dipl.-Bauing. ETH M. Gähwiler, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Vereins BAUSCHLICHTUNG.CH und geschäftsführender Partner von Helbling Beratung + Bauplanung AG aus Zürich mit „Schlichtungsverfahren und Beispiele zu kleinen und großen Projekten aus der Schweiz“.
Seitens des VdBauImm war Dipl.-Ing. M. Becker, Geschäftsführer von Kondor Wessels Bouw Berlin und Präsident des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg, als Referent gewonnen worden mit „Projektrealisierung mit meditativen Kompetenzen“. Er erläuterte das partner-schaftliche Modell des Bauteam-Verfahrens, bei dem der Generalübernehmer (GÜ) bereits in der Vorplanung durch einen Vorvertrag eingebunden wird, den Auftraggeber mit seiner Expertise unterstützt und das Projekt gemeinsam mit den Architekten und den Fachplanern Gewerke übergreifend optimiert mit der Zielsetzung, schon vor Abschluss des GÜ-Vertrags Planungs-, Kosten- und Terminsicherheit zu erlangen. Das Bauteam-Verfahren erfordere eine proaktive Haltung zu Konflikten mit stets lösungsorientierter Kommunikation.
Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Rolle der Dienstleister in der Mediation“ (Parteianwälte, Sachverständige, Projektsteuerer, Architekten und Ingenieure = Dritte im Sinne des Mediations-gesetzes) wurde seitens des VdBauImm besetzt mit fünf Mediatoren, davon vier Rechtsanwälte / Juristen (Frau Dr. S. Renken, Herren Dr. R. Hangebrauck, Dr. A. May und Dr. F. H. Schmidt) und eine Diplomingenieurin (Frau K. Ludewig). Alle Podiumsteilnehmer sprachen sich dafür aus, dass auch die (verfahrensbegleitenden) Dienstleister in Mediationsverfahren möglichst über eine Mediationsausbildung verfügen, mindestens aber Kenntnisse über die Merkmale und den Ablauf der Mediation mitbringen sollten.
Dieser Idee folgt auch der Lehrgang „Weiterbildung zum Streitlöser DGA-Bau-Zert®“, der erstmals vom 12. April bis 14. Juli 2018 an fünf Wochenenden donnerstags, freitags und samstags in Ismaning bei München mit Supervision durch Dagmar Ponschab, Ausbilderin Bundesverband Mediation e. V., und Prof. Dr.-Ing. Claus Jürgen Diederichs, Vorstandsvorsitzender und Leiter des AK 5 der DGA-Bau, stattfinden wird. Schon jetzt werden Anmeldungen für den 2. Lehrgang (Beginn: 18.10.2018) angenommen.
Einen besonderen Höhepunkt bildete wiederum die Verleihung der Förderpreise, die seitens der DGA-Bau durch die Jury für die wissenschaftlichen Arbeiten und seitens des VdBauImm durch die Jury für Praxisfälle guter Kooperation ausgewählt wurden.
Dipl.-Ing. Michael Peine
Vorstandsmitglied der DGA-Bau
Literatur-Empfehlung:
Tagungsband vom 8. Kongress der DGA-Bau mit VdBauImm am 16.03.2018:
176 Seiten / Paperback-Einband / mehrfarbig / Format A 4 / ISBN 978-3-9817834-3-8
Erhältlich zum Verkaufspreis von 50,00 EUR bei der Geschäftsstelle.