1. Außergerichtliche Streitlösung ohne Dritte

1.1 Partnering

a) Verfahrensbeschreibung

Partnering ist ein außergerichtliches Verfahren zur Streitvermeidung, das vor dem eigentlichen Projektbeginn beginnt und sich durch das gesamte Projekt durchzieht. Das Partnering läuft nach einer Zieldefinition und der Auswahl der Verfahrensbeteiligten i.d.R. in zwei Phasen ab. In einer vorbereitenden Phase soll der gewünschte Vertragspartner frühestmöglich in die Planungsphase eingebunden werden, bis ein detaillierter Terminplan und ein aufgeschlüsseltes Angebot vorliegt. Ist der richtige Vertragspartner gefunden, wird der Vertrag geschlossen und in die Umsetzungsphase eingestiegen. Das Partnering ist vielseitig einsetzbar, insbesondere jedoch bei Projektverträgen (z.B. Architekten- und Ingenieurverträgen, Bauverträgen, Projektsteuerungsverträgen), dort insbesondere im Schlüsselfertigbau, bei Kooperationsverträgen und bei Fusionsverträgen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. hat einen Leitfaden erstellt, auf dem aufgebaut werden kann (Leitfaden für die Durchführung eines Kompetenzwettbewerbs bei Partnerschaftsmodellen, Berlin, März 2007, www.bauindustrie.de).

Ziel des Verfahrens ist es, durch ein Kennenlernen der Parteien/Projektbeteiligten in einem entspannten, emotionsfreien Rahmen ein gemeinsames Verständnis von der bevorstehenden Aufgabe zur Vermeidung oder leichteren Ausräumung späterer Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten zu entwickeln. Dadurch soll eine gemeinsame Sach- und Beziehungsebene gefördert werden.

Wesentliche Stärken des Partnering sind eine sehr frühe weitgehende Kosten- und Terminsicherheit durch die gemeinsame Erarbeitung und Festlegung des Leistungssolls und des Ablaufs, der Projektablaufstrukturen und des Projektcontrollings, bei der zugleich Optimierungspotenziale ausgeschöpft und Kosten gesenkt werden können; eine ausgewogene Vertragsgestaltung sowie die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten im Team; ferner eine Zeitersparnis durch Verzahnung der üblicherweise nacheinander geschalteten Projektphasen, das Vermeiden von Wiederholungsschleifen im Planungsprozess; eine transparente Preisgestaltung durch verbindliche Kostenbewertungen und transparente Planungsrisiken. Partnering senkt das Konfliktpotenzial und damit auch die Konfliktbeilegungskosten.

Das Partnering hat neben seinen Stärken aber auch Schwächen. Wegen des engen Kontakts zwischen den Teammitgliedern können andere Reibungspunkte entstehen. Darüber hinaus erfordert das erfolgreiche Partnering nicht nur einen hohen Einführungsaufwand (Partnerauswahl, Workshops etc.), sondern auch eine persönliche Überzeugung und Mitwirkung aller Teammitglieder. Auch der zusätzliche Koordinationsaufwand ist nicht zu unterschätzen. Aufgrund der wertorientierten, strategischen und langfristigen Ausrichtung werden u.U. kurzfristige Erfolgspotenziale nicht wahrgenommen und realisiert.

In der Abgrenzung zu den Ausgangssituationen bei „echten“ außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren sind zu lösende Konflikte noch nicht entstanden. Das Partnering ist vielmehr eine Möglichkeit der präventiven Konfliktvorbeugung und unterscheidet sich von anderen Verfahren insbesondere durch den Zeitpunkt seines Beginns, noch bevor die Parteien vertragliche Bindungen eingehen.